Karlsruhe (dpa 14.5.2003)
Abtreibungsgegner unterliegt beim Bundesgerichtshof
Ein Frauenarzt, muss nach einem Beschluss des
Bundesgerichtshofs (BGH) nicht hinnehmen, wegen "rechtswidriger
Abtreibungen" an den Pranger gestellt zu werden. Nach der am Mittwoch
veröffentlichten Entscheidung des Karlsruher Gerichts wird dadurch
das Persönlichkeitsrecht eines legal handelnden Mediziners verletzt.
Der BGH wies damit eine Beschwerde des radikalen Abtreibungsgegners
Klaus Günter Annen aus Weinheim bei Mannheim zurück. Annen hatte nahe
einer Heilbronner Arztpraxis Handzettel unter anderem mit der
Aufschrift verteilt: "Stoppt rechtswidrige Abtreibungen in der Praxis
Dr. (...)". Der Beschluss gelte, obwohl das Bundesverfassungsgericht
in seinem Grundsatzurteil von 1993 Abtreibungen nach Beratung als
rechtswidrig, wenn auch straffrei bezeichnet habe. (Aktenzeichen: VI
ZR 366/02 - Beschluss vom 1. April 2003)
Damit setzt der BGH eine Reihe zum Teil widersprüchlicher Urteile
um den Lebensschützer Annen fort. Erst vor wenigen Wochen hatte das
Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschieden, Annen dürfe
Abtreibungen als "Mord" und "neuer Holocaust" anprangern. Der BGH
hatte vor drei Jahren Flugblätter Annens gebilligt, mit denen er
Schwangerschaftsabbrüche im Klinikum Nürnberg als "Kindermord im
Mutterschoß" und "damals: Holocaust, heute: Babycaust" kritisiert
hatte.
Annen wollte beim BGH ein Revisionsverfahren gegen ein Urteil des
Oberlandesgerichts (OLG) Stuttgart vom September des vergangenen
Jahres durchsetzen, das ihn - wie schon zuvor das Landgericht
Heilbronn - zur Unterlassung dieser Äußerungen verurteilt hatte. Der
BGH gestand Annen zwar zu, dass das Bundesverfassungsgericht den
Begriff "rechtswidrig" für Schwangerschaftsabbrüche gebraucht habe.
Annen habe den Bezug zu dieser Rechtsprechung jedoch nicht
hergestellt, nach der ein legales, strafloses Handeln des Arztes
möglich sei. Er habe den Begriff der Rechtswidrigkeit vielmehr in
einer Weise verwendet, die "eine Prangerwirkung gegen den als
Einzelperson genannten Arzt erzeugt hat und auch erzeugen sollte".
Deshalb wiege die Verletzung des Persönlichkeitsrechts so schwer,
dass die Meinungsfreiheit Annens dahinter zurücktreten müsse.
(Internet: Bundesgerichtshof)