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Internationaler Frauentag
Bundesministerinnen warnen vor Folgen
eines Irak-Krieges für Frauen
zwd Berlin (sop) - Aus Anlass des Internationalen Frauentages haben die sechs Bundesministerinnen sowie Kulturstaatsministerin Christina Weiss in einer gemeinsamen Erklärung vor den Folgen eines möglichen Militärschlages im Irak insbesondere für Frauen gewarnt: Es bestehe die Gefahr, dass Frauen ihre Familien nicht versorgen könnten und der Gewalt zum Opfer fielen.
Bundesfrauenministerin Renate Schmidt (SPD): Krieg dürfe kein Mittel der Politik sein, sagte Bundesfrauenministerin Renate Schmidt am 7. März in Berlin. Trotz großer Errungenschaften in Sachen Gleichberechtigung von Mann und Frau seit Einführung des Internationalen Frauentages im Jahr 1911 hält die SPD-Politikerin diesen Gedenktag mitnichten für überholt. "Wir haben noch ein großes Stück Arbeit vor uns": in der Frauengesundheit ebenso wie im Kampf gegen Gewalt an Frauen bis hin zur Entgeltgleichheit. Nach Angaben der Ministerin soll spätestens 2005 die EU-Richtlinie zur Gleichberechtigung von Frauen und Männern am Arbeitsplatz umgesetzt und eine nationale Gleichstellungsstelle eingerichtet sein. Für denkbar hält Schmidt eine Bundes-Gleichstellungsstelle nach österreichischem Muster: Diese wird von einer Ombudsfrau geführt unter Beteiligung von Gewerkschaften und Gewerkschaften.
Bundesjustizministerin Brigitte Zypries (SPD): Nach Angaben von Bundesjustizministerin Brigitte Zypries ist in Deutschland jede dritte Frau von Gewalt in der Partnerschaft betroffen. Mit dem Gewaltschutz- und Kinderrechteverbesserungsgesetz habe die Bundesregierung zwei Gesetze geschaffen, die der bisherigen Erfahrung nach gut wirken würden. Allein in Niedersachsen seien im vergangenen Jahr 7.000 Fälle häuslicher Gewalt registriert worden, in 2.000 Fällen wurden die Täter der Wohnung verwiesen. Als weitere Initiative der Bundesregierung gegen Gewalt verwies die Ministerin auf die anstehende Änderung des Sexualstrafrechtes sowie den Aktionsplan gegen sexuelle Gewalt. Auf internationaler Ebene sei mit dem Römischen Statut unter Mitwirkung der Bundesregierung erstmals ausdrücklich sexuelle Gewalt als Kriegsverbrechen deklariert worden, so Zypries. Dass Erfahrungen von Frauen in Zukunft am Internationalen Strafgerichtshof stärker berücksichtigt werden, dafür spricht laut Zypries das Verhältnis von sieben Richterinnen zu 18 Richtern.
Bundesverbrauchschutzministerin Renate Künast (Bündnis 90/ Die Grünen): "Unfrieden kann mit Krieg nicht bekämpft werden", appellierte Bundesverbraucherschutzministerin Renate Künast. Auch die Grünen-Politikerin betonte die besondere Stellung von Frauen in Konfliktsituationen: Neben einer sozialen und ethnischen Dimension von Unfrieden gebe es auch eine geschlechtliche. So seien vornehmlich Frauen für die Versorgung ihrer Familien zuständig. Der Zugang zu notwendigen Ressourcen wie Wasser und Lebensmittel werde durch Krisensituationen erschwert, wenn nicht sogar verhindert. Künast plädierte in diesem Zusammenhang für einen besseren Zugang von Frauen zu Bildung und Gesundheitsversorgung. Die Bundesregierung unterstütze derzeit die Erarbeitung von Leitlinien, um dem auf dem Welternährungsgipfel formulierten Leitziel eines Rechts auf Nahrung näher zu kommen. In Afghanistan habe die Bundesregierung den Frauen mit Saatgut-Startpaketen und Kleintieren einen Grundstock für die Eigenversorgung geben können.
Bundesbildungsministerin Edelgard Bulmahn (SPD): Bundesforschungsministerin Edelgard Bulmahn verzichtete darauf, sich zum Thema Frauen und Bildung zu äußern. Statt dessen rückte die Ministerin die Rolle von Frauen in der Friedens- und Konfliktforschung ins Blickfeld. Insbesondere als engagierte Akteurinnen von Friedenssicherung und -stabilisierung müssten Frauen im Fokus dieses Forschungsfeldes stehen. Der Balkan-Konflikt habe deutlich gezeigt, so die Sozialdemokratin weiter, dass die aktive Rolle von Frauen noch immer unterschätzt wird. Das müsste sich aus Sicht Bulmahns ändern, denn Frauen zeichneten sich "im Durchschnitt" durch eine bessere Sprach- und Mediationsfähigkeit aus. Und wer diese Fähigkeiten kenne, müsse sie auch nutzen.
Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul (SPD): Für Bundesentwicklungsministerin Heidemarie Wieczorek-Zeul bedeutet ein Krieg "eine völlige Verschiebung der internationalen Gemeinschaft". In den "neuen Kriegen" der 90er Jahre seien Vergewaltigung, Zwangsprostitution und sexuelle Misshandlungen von Frauen "als strategische Waffen" eingesetzt worden. Jegliche Gewalt gegen Frauen müsse verhindert werden, denn "Frauenrechte sind Menschenrechte", so Wieczorek-Zeul. Dies schließe auch das Recht auf sexuelle Selbstbestimmung und Familienplanung mit ein. Nach Angaben der Vereinten Nationen sterben täglich 1.400 Frauen im Kindbett. Ein wesentlicher Schritt hin zu mehr Rechten für Frauen ist laut Wieczorek-Zeul, ihnen den Zugang zu Bildung und Gesundheitswesen zu verschaffen. Die Sozialdemokratin forderte in dem Zusammenhang auch die afghanische Regierung auf, die Rechte von Frauen in der Verfassung zu verankern.
Kulturstaatsministerin im Kanzleramt Christina Weiss Kulturstaatsministerin im Kanzleramt Christina Weiss unterstrich den Mut von Künstlerinnen in der Irak-Frage. Susan Sontag etwa habe ein wichtiges Argument gegen den Krieg im Irak angeführt: dass er nämlich den bestehenden Zustand in jedem Falle verschlimmere. Die diesjährige Berlinale bezeichnete die Staatsministerin als "Friedenscamp", jedoch seien die dortigen Positionen gegen einen Krieg nicht mit Antiamerikanismus gleichzusetzen. Amerikanische Künstlerinnen müssten fürchten, "auf schwarze Listen zu gelangen, weil sie sich gegen den Krieg ausgesprochen haben." So etwa die Hollywood-Schauspielerin Susan Sarandon, die ihre ablehnende Haltung gegen einen Militärschlag mehrfach öffentlich bekannt gegeben hatte und zur diesjährigen Oscar-Verleihung erstmals nicht eingeladen wurde. Der Umgang mit Kunst muss laut Weiss genutzt werden, "unser Denken zu rainieren". Frauen seien zwar nicht die besseren Menschen, besäßen jedoch aufgrund ihrer Sozialisation besondere Tugenden: Toleranz, Solidarität und Kommunikationsfähigkeit.