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dpa 29.01.2003

Von der "väterlicher Gewalt" zur "elterlicher Sorge"
bis zum "Kindeswohl"
- Ein historischer Abriss -

Hamburg/Karlsruhe (dpa) - Eltern haben das Recht und die Pflicht, für ihre minderjährigen Kinder zu sorgen. Diese "elterliche Sorge" umfasst das leibliche, geistige und sittliche Wohl sowie die Vermögensinteressen der Kinder (Paragraf 1626 des Bürgerlichen Gesetzbuches). Bis zu einer gesetzlichen Neuregelung von 1979 war von "elterlicher Gewalt" die Rede, zuvor von der "väterlichen Gewalt".

Trotz vielfältiger Bemühungen des Gesetzgebers gibt es immer wieder Streit, wenn Eltern sich beim Sorgerecht nicht einigen können - besonders wenn sie sich trennen oder nicht verheiratet sind. Strittig ist häufig das Aufenthalts- und Umgangsrecht. Anders als bei ehelichen Kindern erhält bei nichtehelichen Kindern zunächst nur die Mutter das Sorgerecht. Ein Vater, der nur ein Umgangsrecht hat, darf sein Kind zwar regelmäßig sehen, jedoch keine Entscheidungen treffen. Er muss aber Unterhalt zahlen.

Bis zur Wiedervereinigung galt im Osten Deutschlands das Familiengesetzbuch der DDR, das die Eltern auch zur Vermittlung sozialistischer Wertvorstellungen verpflichtete.

Im 19. Jahrhundert hatte die "väterliche Gewalt" (patria potestas) eindeutig Vorrang. Der Mutter wurden "Rechte eingeräumt, welche der väterlichen Gewalt ziemlich nahe kommen" (Brockhaus, 1887). Aus der "Pflicht, das Kind zu beschützen, zu ernähren und zu erziehen", ergab sich das Recht des Vaters, "es zu züchtigen". Auch noch vor mehreren Jahrzehnten galt, dass bei Meinungsverschiedenheiten etwa in Erziehungsfragen die Auffassung des Vaters entscheidend war.

1946 bestimmte das Kontrollratsgesetz Nummer 16 der Besatzungsmächte, dass der an einer Scheidung überwiegend schuldige Elternteil grundsätzlich die "elterliche Gewalt" verlor. Das Gleichberechtigungsgesetz von 1957 entzog dieses Recht nur dem allein schuldigen Ehegatten. Mit dem Übergang vom Schuld- zum Zerrüttungsprinzip in der Eherechtsreform von 1977 stand dem schuldlos geschiedenen Teil das Sorgerecht nicht mehr vorrangig zu. 1980 trat das Gesetz zur Neuregelung der elterlichen Sorge in Kraft, das sich im "Interesse des Kindeswohls" und "klarer Verhältnisse" (Ausschussberatung) gegen ein gemeinsames Sorgerecht entschied.

Die Wende brachte 1982 ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das den Ausschluss eines Elternteils selbst bei beiderseitigem Einverständnis und Eignung verwarf. Erst die Reform des Kindschaftsrechts von 1998 machte ein gemeinsames Sorgerecht für Unverheiratete und die Fortdauer des gemeinsamen Sorgerechts für Geschiedene möglich. Oberster Maßstab in strittigen Fällen ist das "Kindeswohl".

 


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