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ASF-Bundesvorstand und ASF-Bundesausschuss Beschluss vom 8./9. November 2002

Der Start in die neue Legislaturperiode:
Gleichstellungspolitischer Fortschritt mit kleinen Schönheitsfehlern

1.

Der ASF-Bundesvorstand und -Bundesausschuss unterstützen den vom Bundeskabinett beschlossenen "Fünften Bericht der Bundesrepublik Deutschland zum Übereinkommen der Vereinten Nationen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW)", der eindrucksvoll belegt, welche Verbesserungen der rechtlichen, politischen, wirtschaftlichen und sozialen Rahmenbedingungen in der letzten Legislaturperiode erreicht wurden, auch wenn nicht alle feministischen Wünsche erfüllt werden konnten.


2.

Der ASF-Bundesvorstand und -Bundesausschuss begrüßen die zügige Umsetzung des Hartz-Konzeptes. Die Maßnahmen führen zu wesentlichen Verbesserungen am Arbeitsmarkt gerade auch für Frauen. Insbesondere die geplante tarifliche Absicherung der Leiharbeit bietet Chancen für die im Dienstleistungssektor bei Leiharbeitsfirmen beschäftigten Frauen. Künftig werden diese Frauen wie die Stammbelegschaft entlohnt bzw. sind tariflich in den Leiharbeitsfirmen besser abgesichert.

Die SPD-Frauen mahnen allerdings an, dass sich der Anspruch der Hartz-Kommission, dass "alle Schritte zur Konkretisierung detailliert überprüft werden müssen, inwieweit sie dem Postulat der Gleichstellung Rechnung tragen bzw. direkt oder indirekt Benachteiligungen fortschreiben oder neue entstehen lassen", in das Gesetz aufgenommen wird. Eine solche Überprüfung ist notwendig, um Fehlentwicklungen aufzudecken und gegebenenfalls abstellen zu können. An den Vermittlungs-, Begleit- und Evaluierungsprozessen sind Frauen geschlechtergerecht zu beteiligen. Kommissionen und Gremien mit nur einem weiblichen Mitglied wie gehabt, konterkarieren die übrigen gleichstellungspolitischen Erfolge der rot-grünen Koalition.

Für die haushaltsnahen Dienstleistungen mit einem Arbeitsentgelt bis zu 500 € monatlich sind die gleichen rentenrechtlichen Voraussetzungen zu schaffen, die bereits jetzt für 325-€-Jobs gelten. Damit erhalten Frauen die Möglichkeit, ihre Rentenanwartschaften zu verbessern und eigenständige Ansprüche zu erwerben. Dies hatten die SPD-Frauen für die 325-€-Jobs mit Erfolg gegen massive Widerstände durchgekämpft. Es darf nicht sein, dass Haushaltshilfen, die ja ganz überwiegend weiblich sind, weniger Rechte erhalten als etwa Hilfskräfte im Supermarkt.

Die SPD-Frauen fordern für die Ich-AGs, dass dort beschäftigte Familienangehörige eigenständig sozialversichert werden.


3.

Zufrieden zeigen sich die SPD-Frauen im Großen und Ganzen mit den frauenpolitischen Zielsetzungen im Koalitionsvertrag, insbesondere dass die Verbesserung der Vereinbarkeit von Beruf und Familie ein Schwerpunkt der Regierungsarbeit sein wird. Kritisch bewertet die ASF allerdings, dass im Gegensatz zum Beschluss des SPD-Regierungsprogramms das Ehegattensplitting bestehen bleiben soll. Die ASF hält an der Forderung fest, das Ehegattensplitting im Steuerrecht wenn schon nicht abzuschaffen - wie von den SPD-Frauen seit 1977 immer wieder aufs Neue gefordert -, so doch zu Gunsten der Förderung von Familien mit Kindern umzugestalten. Unter Hinweis auf den vorangegangenen Parteitagsbeschluss fordert die ASF von der Bundesregierung, eine Kommission einzusetzen, die einen gangbaren Weg - möglicherweise in Form verschiedener Modelle - erarbeitet, dieses Ziel noch in dieser Legislaturperiode umzusetzen. Dabei ist gleichzeitig eine adäquate Lösung für die Abschaffung der Lohnsteuerklasse V zu finden.


4.

Mit Befriedigung stellt die ASF fest, dass sich der Anteil der weiblichen SPD-Bundestagsabgeordneten erneut auf jetzt 37,8 Prozent erhöht hat. Die satzungsgemäß vorgegebene Mindestabsicherung von 40 Prozent wäre übertroffen, wenn nicht einzelne Bezirke erheblich davon abweichen würden (Bremen, Berlin)

Erstmals wurde bei SPD-Regierungsmitgliedern Parität erreicht: Jeweils fünf Ressorts werden von Männern und Frauen geleitet. Auch in das Kanzleramt ist erstmals mit der Staatsministerin für Kultur und Medien eine Frau eingezogen, so dass auch hier Gleichstand erreicht ist. Noch besser fällt die Verteilung der von der SPD besetzten Ausschussvorsitze aus: Fünf gingen an Frauen, vier an Männer. Auch im Fraktionsvorstand sind Frauen mit über 40 Prozent gut vertreten.

Also, alles paletti? Einige Ungleichgewichtigkeiten trüben das schöne Bild noch ein wenig, vor allem in der Ausschussbesetzung. Die europäische und auswärtige Politik, die Finanz-, Rechts- und Haushaltspolitik oder der Sportausschuss sind Männerdomänen geblieben, während Frauen nicht nur in dem für Frauenpolitik zuständigen Ausschuss, sondern auch im Ausschuss für Tourismus, im Ausschuss für Menschenrechte, im Petitionsausschuss oder im Ausschuss für wirtschaftliche Zusammenarbeit das Heft in der Hand haben. Hier muss künftig auf mehr Ausgewogenheit geachtet werden.


5.

Schließlich sieht sich die ASF in ihrer Wahlkampfstrategie bestätigt: Dank der Wiedereinführung der repräsentativen Wahlstatistik ist eindeutig belegt: Die SPD verdankt ihr Wahlergebnis den Frauen. Sie haben eine konsequente Frauen- und Gleichstellungspolitik, die auf Vereinbarkeit von Beruf und Familie ausgerichtet ist, honoriert. Bei ihnen steht die SPD im Wort!

 


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