Stand 12.05.2002
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Landeskonferenz der AsF Bayern 4./5.5.2002

Beschlossene Anträge

Übersicht:

 

Antragstellerin

Thema

S

AsF-Landesvorstand

Leitantrag: Gleiche Chancen für alle Frauen

2

AsF-Landesvorstand

Fortbestand der Mutter-Kind- und Mütterkuren sichern

8

AsF Oberfranken

Flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen in Bayern

9

AsF Oberbayern

Ganztagsschule und Kinderbetreuung

10

AsF Oberfranken

Neustrukturierung der Kinderbetreuung

11

AsF Mittelfranken

Neufassung LaVo

Resolution:

Gewaltspirale in Nahost durchbrechen

12

 

 

 

Beschluss der AsF-Landeskonferenz 2002:

(A1 - Antragsteller: AsF-Landesvorstand)

 

Gleiche Chancen für alle Frauen

 

1.    Einleitung:
Chancengleichheit am Arbeitsmarkt für alle Frauen in Bayerns Regionen

Chancengleichheit bezieht sich getreu der Strategie des Gender Mainstreamings auf alle Lebens- und Gesellschaftsbereiche. Chancengleichheit am Arbeitsmarkt ist demgemäß nur ein Teilaspekt des umfassenden Themas. Nachdem die Erwerbsarbeit einen entscheidenden Einfluss auf die Lebenssituation von Frauen und deren ökonomischen Unabhängigkeit bis hin zur existenzsichernden Altersversorgung hat, wurde der Aspekt "Frauen und Beruf" als Schwerpunktthema der AsF-Landeskonferenz 2002 von dem AsF-Landesvorstand Bayern beschlossen.

Die Lebens- und Arbeitssituationen von Frauen in Oberfranken unterscheiden sich beispielsweise erheblich von denen in Oberbayern und hier insbesondere des Großraums Münchens. Daher gilt das besondere Augenmerk sozialdemokratischer Politik diesen regionalen Unterschieden, um angemessen auf die unterschiedlichen Anforderungen reagieren zu können.

Gleichzeitig soll hiermit die Schönfärberei des CSU-Staatsregierung entlarvt werden, wenn diese versucht, ihre verfehlte Politik zur tatsächlichen Erreichung von Chancengleichheit mit den verfälschenden gesamtbayerischen Daten zu vertuschen.



2.    Die grundsätzlich Benachteiligung von Frauen im Erwerbsleben

Die Erwerbsbeteiligung von Frauen in den alten Bundesländern stieg in den vergangenen Jahren kontinuierlich, dagegen sank diese gleichzeitig in den neuen Ländern. Der Anteil von Frauen an den Erwerbstätigen beträgt somit in der Bundesrepublik 43,5 %, in Bayern 43,/%. Überdurchschnittlich fällt diese Zahl mit 46,15% in München aus, dagegen unterdurchschnittlich dagegen in Unterfranken mit 41,66% und in der Oberpfalz mit 42,57%.

Aus der zunehmenden Erwerbsbeteiligung von Frauen kann keinesfalls der Schluss gezogen werden, dass wir uns einer tatsächlichen Chancengleichheit am Arbeitsmarkt nähern würden, ebensowenig wie der Schluss, Frauen sind ausschließlich im Haushalt tätig. Denn hierbei ist zum einen die Beschäftigung in ungesicherten und/oder befristeten Arbeitsverhältnissen und die Teilzeitarbeit zu berücksichtigen, bei denen Frauen den Großteil stellen, zum anderen werden Frauen immer noch schlechter bezahlt als Männer.


2.1. Zur den Ursachen der Lohndiskriminierung

"Frauenarbeit" gilt nach wie vor als leichte Arbeit, als weniger qualifiziert - auch dann, wenn sie spezielle Kenntnisse erfordert und mit hohen physischen und psychischen Belastungen verbunden ist - und als "Zuverdienst". Frauenerwerbstätigkeit soll nur einen vorübergehenden Charakter haben und muss nicht existenzsichernd sein, da immer noch dem Mann die Ernährerrolle zugewiesen wird. Daraus folgt, dass Frauen eine geringere Leistungsbereitschaft unterstellt wird als Männern und ein geringerer Lohnbedarf selbst bei gleicher Leistung. Trotz eines Anstiegs des monatlichen Nettoeinkommens von Frauen lag der Effektivverdienst von Männern 1999 in den alten Bundesländern immer noch mit 163 % Prozent über dem der Frauen, in den neuen Bundesländern 118 % (Frauen = 100 %). Prekäre Formen nimmt die Lohndiskriminierung der Frauen vor allem im Niedriglohnbereich an. Im "Hochlohnland" BRD bezieht eine große Zahl von Frauen trotz Vollzeitarbeit nur einen Armutslohn.

In Bayern betrug 2000 der durchschnittliche Bruttomonatsverdienst (im produzierenden Gewerbe) eines Arbeiters 4.726 DM, der einer Arbeiterin nur 3.474 DM, somit nur 73,5 % des Männerverdienstes. Der entsprechende Bruttoverdienst (im produzierenden Gewerbe, Handel, Kredit- und Versicherungsgewerbe) eines Angestellten betrug 6.865 DM, der einer Angestellten 4.709 DM, so dass weibliche Angestellte nur 68,6% des Männergehalts bekommen. Bayern schneidet bei den Unterschieden zwischen Frauen- und Männerverdiensten im Vergleich zum Bundesdurchschnitt sehr schlecht ab. Arbeiterinnen erhielten in 2000 im Bundesdurchschnitt 73,9% der Männerlöhne, weibliche Angestellte 70,1%.

Während Männer häufig frei von Familienpflichten ihre volle Arbeitsfähigkeit in den Beruf einbringen und gezielt ihre Karriere planen können, müssen Frauen ihre Erwerbstätigkeit mit den Familienpflichten in Einklang bringen. Die familienbedingte Erwerbsunterbrechung ist nach wie vor fast ausschließlich eine Sache der Frauen. Dies führt oft zu einer diskontinuierlichen Erwerbsbiographie mit Unterbrechungen bzw. zeitlichen Einschränkungen und erschwert längerfristige Planungen. Dementsprechend beziehen Arbeitgeber den "Risikofaktor" familienbedingter Unterbrechungen in ihre Personalplanung zuungunsten der Frauen mit ein, Konsequenz ist oft entweder die Nichtanstellung der Frau, vor allem in technischen Berufen (gerade im High-Tech-Sektor ist aus diesem Grund die Einstellungsbarriere für Frauen besonders hoch), oder die Nichtbeförderung auf einen verantwortungsvollen Posten. Wenn der Wiedereinstieg nach einer "Familienpause" überhaupt gelingt, bedeutet dies sehr oft eine Tätigkeit unterhalb ihres formalen Qualifikationsniveaus und/oder einen weniger attraktiven Arbeitsplatz im Hinblick auf Einkommens-, Weiterbildungs- und Karrierechancen sowie eine Einschränkung der Entscheidungsspielräume.


2.2. Atypische Beschäftigungsverhältnisse, Teilzeit, befristete und "flexible" Tätigkeiten

Nahezu unverändert leisten Frauen in dieser Gesellschaft, Ost wie West, jedoch den überwiegenden Teil der privaten Hausarbeit, Kindererziehung und sonstigen Pflegearbeit. Mit der Ausdehnung der Erwerbstätigkeit von Frauen ist kaum eine Ausdehnung der Männerhausarbeit einhergegangen. Abhängig Beschäftigte verbringen im Durchschnitt 63,4 Stunden pro Woche mit Erwerbs- und Hausarbeit. Der größten Belastung sind dabei die vollzeitbeschäftigten Frauen mit 70,3 Stunden Gesamtarbeitsbelastung ausgesetzt. Frauen tragen somit auch bei einer Vollzeiterwerbstätigkeit den Hauptteil der Hausarbeit. Durch den Wandel im Dienstleistungsbereich in der letzten Zeit werden hauptsächlich haushaltsbezogene und distributive Dienstleistungen aus dem Produktionsbereich wieder in die Familie zurückverlagert und müssen wieder von Frauen ausgeübt werden. Die Umbrüche im System der Gesundheitsversorgung und Altenpflege werden erschwerte Anforderungen an die "Familie" und damit an die Frauen stellen. Damit wächst der Druck auf die Frauen, zur Erfüllung der ihnen zugeschriebenen familiären Verpflichtungen anstelle einer Vollzeiterwerbstätigkeit eine Teilzeitbeschäftigung zu wählen, Arbeitsstunden zu reduzieren oder sich sogar beurlauben zu lassen.

Teilzeitarbeit - beinahe ausschließlich eine Beschäftigungsform von Frauen - kommt in der Biographie von Frauen eine widersprüchliche Bedeutung zu: Einerseits ermöglicht sie Frauen, in Lebenssituationen eine Erwerbstätigkeit aufzunehmen, die vor noch gar nicht langer Zeit völlig unvereinbar mit Erwerbsarbeit erschienen, andererseits befestigt Teilzeitarbeit die noch bestehende geschlechtsspezifische Arbeitsteilung und macht die Abstimmung von Beruf und Hausarbeit zum reinen Frauenproblem. Teilzeitarbeit zeichnet sich dadurch aus, daß häufig nicht nur die Dauer der Arbeitszeit variabel gestaltet ist, sondern zugleich die Lage und Verteilung der Arbeitszeit. Teilzeitarbeit ist ein Experimentier- und Exerzierfeld für die umfassende Flexibilisierung der Arbeitszeit. Teilzeitarbeit bedeutet individuelle Arbeitszeitverkürzung ohne Lohnausgleich. Nur die kontinuierlich geleistete, tarifvertraglich festgelegte Normalarbeitszeit bietet eine individuelle Existenzsicherungs- und soziale Schutzfunktion, sowohl in aktueller Perspektive als auch im Hinblick auf die längerfristige Absicherung bei Arbeitslosigkeit und im Alter. Das heißt, daß ein Teilzeiteinkommen in aller Regel nicht zum eigenständigen Lebensunterhalt ausreicht und erst recht nicht geeignet ist, ausreichende Sozialversicherungsansprüche aufzubauen.

Deswegen trägt Teilzeitarbeit zur Aufrechterhaltung der bisherigen Rollenverteilung bei, da Frauen in Teilzeit wegen der geringen Verdienstmöglichkeiten weiterhin von Männern finanziell abhängig sind und somit lediglich die Funktion der Zuverdienerin erhalten. Hinzu kommt, daß zwar Teilzeitarbeit weniger Arbeitsstunden in Anspruch nimmt, gleichzeitig hat sich jedoch die Arbeitsintensität erhöht. Teilzeitarbeit führt zu erheblichen Nachteilen bei Entlohnung (im Durchschnitt werden bei Teilzeitbeschäftigungen trotz der höheren Arbeitsintensität deutlich niedrigere Stundenlöhne erzielt als bei Vollzeittätigkeiten), Weiterqualifikation und Aufstieg. Die vorhandenen Diskriminierungsverbote greifen lediglich partiell und sehr schleppend. Die Nichtakzeptanz von Teilzeitarbeit durch Männer zeigt deutlich, daß eine existenzsichernde Erwerbsarbeit weiterhin nur auf Grundlage einer Vollzeitbeschäftigung möglich ist.

Die Motivationen dafür, Teilzeit zu arbeiten, sind jedoch in alten und neuen Bundesländern unterschiedlich. In den neuen Bundesländern arbeiten 58 % der teilzeitbeschäftigten Frauen deshalb nicht Vollzeit, weil keine Vollzeitbeschäftigung zu finden ist, im Westen hingegen nur 8 %.
Teilzeitarbeit nimmt vom Volumen her deutlich zu. Knapp 6 Millionen Menschen arbeiten Teilzeit, also unter 36 Stunden pro Woche, davon 5 Millionen Frauen. In Bayern arbeiten rund 1999 rund 750.000 Frauen bis zu 20 Stunden in der Woche, davon 348.000 weniger als 15 Stunden. Der Frauenanteil an den Teilzeitbeschäftigten bis 20 Stunden beträgt 85,1%.
Der Anteil befristeter Teilzeitarbeitsverhältnisse steigt an allen Arbeitsverhältnissen. In diese Richtung wirkt natürlich auch die Arbeitsmarktpolitik der Bundesregierung. Zwar wurde bei den 340.-€-Jobs eine geringfügige Verbesserung der sozialversicherungsrechtlichen Absicherung bewirkt, gleichzeitig werden jedoch die Möglichkeiten der Befristung ausgeweitet und Teilzeitregelungen erleichtert.

In der Bundesrepublik beschreibt das Vollzeitarbeitsverhältnis (noch) als sogenanntes Normalarbeitsverhältnis die Standards und Normen, die zu einem ausreichend abgesicherten Beschäftigungsverhältnis gehören. Es sind darin elementare Schutzfunktionen hinsichtlich des Bestands des Arbeitsverhältnisses und einer hinreichenden sozialen Absicherung eingeschlossen. Bei sogenannten atypische Beschäftigungsverhältnisse - mit 77 % Frauenanteil bei den geringfügigen Beschäftigungsverhältnisse eine Frauendomäne - besteht dieser Schutz nicht. Bei diesen ungesicherten Beschäftigungsverhältnissen ist eine deutliche Zunahme in den vergangenen Jahren zu verzeichnen.


2.3.Die "Gläserne Wand" ist nicht durchbrochen

Obwohl die Herausbildung neuer Berufe vor allem im Dienstleistungsbereich die Zugangschancen für Frauen im mittleren Qualifikationsbereich des Erwerbssystems erhöht haben, bleiben Führungspositionen für Frauen in sämtlichen Arbeitsmarktsegmenten immer noch schwer erreichbar. Frauen verbleiben in sehr viel höherem Maße als Männer in jenen Positionen, in denen sie ihre Erwerbstätigkeit begonnen haben. Umgekehrt sind Frauen häufiger vom Risiko des beruflichen Abstiegs bedroht, insbesondere nach familienbedingter Unterbrechung der Erwerbsarbeit.

Frauen sind immer noch sehr viel seltener in leitenden Positionen bzw. höheren Hierarchieebenen in den Betrieben zu finden, obwohl sie über besseren Schul-, Berufs- und Studienabschlüsse verfügen. Während für Männer die Karrierechancen mit zunehmenden Alter steigen, nehmen sie für Frauen ab. Um den Arbeitsmarkteinstieg überhaupt zu bewältigen, sind Frauen häufiger als Männer auf Positionen verwiesen, die unterhalb ihrer Qualifikation liegen. Im oberen Management findet sich ein Frauenanteil von gerade 6 %, in kleinen und mittleren Unternehmen liegt dieser Anteil allerdings höher (bis zu 20 %). Ähnliches gilt z.B. auch für die Hochschulen, obwohl an diesen Institutionen seit Ende der 80er Jahre Frauenbeauftragte versuchen, Einfluß auf die Entwicklung zu nehmen: Der Frauenanteil beispielsweise bei den gut dotierten C 4-Professuren liegt in Bayern nur bei 5,2 Prozent. Der Bundesdurchschnitt beträgt dagegen bei 6,3 Prozent.


2.4. Frauen sind von Arbeitslosigkeit überdurchschnittlich betroffen

An den 3,9 Millionen Arbeitslosen in Deutschland (2000) waren Frauen mit rund 47 % gemessen an ihrem Anteil an den Erwerbstätigen überproportional beteiligt. Der Frauenanteil an den registrierten Arbeitslosen sowie an der so genannten "Stillen Reserve" liegt höher als der Frauenanteil an den Erwerbstätigen; in Ostdeutschland ist der Frauenanteil an der registrierten Arbeitslosigkeit mit fast 52 % besonders hoch.

Frauen sind in der Regel länger arbeitslos als Männer und finden insgesamt seltener aus der Arbeitslosigkeit in den Arbeitsmarkt zurück. Frauen in Ostdeutschland sind besonders betroffen; sie sind durchschnittlich 4,2 Monate länger arbeitslos als Männer in Ostdeutschland. Das bedeutet, daß das qualifizierte Arbeitskraftpotential von Frauen - neben ihrem verbreiteten Einsatz unter ihren Qualifikationen - auch bei der quantitativen Erwerbsbeteiligung trotz wachsender Erwerbsquoten bei weitem nicht ausgeschöpft wird.



3.    Zukunftsweisende Ansätze der Bundesregierung zur Gleichstellungspolitik

Mit der Verankerung des Gender Mainstreaming für die gesamte öffentliche Verwaltung als Leitprinzip und der Novelle des Bundesgleichstellungsgesetzes (BGleiG), die am 5.12.2001 in Kraft getreten ist, hat die Bundesregierung tatsächlich einige wesentliche Ansätze zur Gleichstellung von Frauen im öffentlichen Dienst festgeschrieben. Hierzu zählen u.a. die Festschreibung einer einzelfallbezogenen 50 %-Quote in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, ein explizites Verbot der mittelbaren Diskriminierung, d.h. Unterbrechungen und Fehlzeiten aufgrund familienspezifischer Aufgaben dürfen nicht zum Nachteil der Bewerberin gewertet werden, Gleichstellungspläne mit verbindlichen Vorgaben zur Beseitigung der Unterrepräsentanz von Frauen sowie die deutliche Stärkung der Gleichstellungsbeauftragten. Hier ist insbesondere als relevanteste Neuerung das Einspruchsrecht der Gleichstellungsbeauftragte, d.h. ein förmlicher Rechtsbehelf gegen Entscheidungen und Maßnahmen der Dienststelle, zu nennen. Erstmals ist damit nicht nur Mitsprache, Mitwirkung etc. möglich, sondern tatsächlich eine rechtliche Eingriffsmöglichkeit für die Beauftragte geschaffen worden.

Für den privaten Sektor konnte auf Grund der starren Haltung der Verbände nur eine "freiwillige Selbstverpflichtung", die Vereinbarung zwischen Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern vom 3. Juli 2001, aber (zunächst) keine gesetzliche Regelung durchgesetzt werden.

Über Erfolge und Mißerfolge bei der Umsetzung dieser Selbstverpflichtung mit der durch aktive betriebliche Fördermaßnahmen sowohl die Ausbildungsperspektiven und die beruflichen Chancen der Frauen als auch die Vereinbarkeit von Beruf und Familie für Mütter und Väter nachhaltig zu verbessern sind, wird bis zum Jahr 2003 zu wachen sein. Sollten sich dieses Ziel nicht erreicht werden, so werden wir 2003 eine gesetzliche Regelung vorsehen.

Mit der Änderung des Betriebsverfassungsgesetzes wurde bereits Maßnahmen eingeführt, die auch für die Privatwirtschaft verbindlich sind. Dazu gehört die Verpflichtung des Arbeitgebers, bei Betriebsversammlungen über den Stand der Gleichstellung von Frauen und Männern zu berichten und bei der Personalplanung Maßnahmen zur Förderung der Gleichstellung von Frauen und Männern zu berücksichtigen. Auch eine überproportionale Männerrepräsentanz bei der Arbeitnehmervertretung soll es nicht mehr geben: dem jeweiligen Betriebsrat müssen künftig mindestens so viele Frauen angehören, wie es ihrem Anteil an der Belegschaft entspricht. Das gilt auch für die Zusammensetzung der Jugend- und Auszubildendenvertretung. Darüber hinaus wurde in das Kapitel "Mitbestimmung und Mitwirkung der Arbeitnehmer" auch unter "Durchsetzung der tatsächlichen Gleichstellung (statt bisher Gleichberechtigung) von Frauen und Männern" die Vorgabe aufgenommen, "die Vereinbarkeit von Familie und Erwerbstätigkeit zu fördern."

Darüber hinaus wurde mit dem neuen Elternzeit- und dem Teilzeitgesetz ein Ansatz zur gerechten Verteilung der Familienarbeit zwischen Frauen und Männer erreicht. Mit diesen Regelungen wurden die Rahmenbedingungen geschaffen, damit sich vermehrt auch Männer an den Familienpflichten beteiligen können. Flankiert wurden diese Maßnahmen mit entsprechenden Öffentlichkeitskampagnen, um einen Bewusstseinswandel in der Gesellschaft zu erreichen. Letztendlich könnte sich die gerechte Verteilung der Familienarbeit auf die Chancengleichheit am Arbeitsmarkt für Frauen positiv auswirken.

Prostitutionsgesetz

Ein weiteres Beispiel ist das Prostitutionsgesetz, mit dem die Sittenwidrigkeit von Verträgen über sexuelle Dienstleistungen abgeschafft und die Strafe für die Förderung der Prostitution gestrichen wurde. Damit erhalten die ca. 400.000 Prostituierten in Deutschland die Möglichkeit der Absicherung in der Sozialversicherung, sie können mit BordellbetreiberInnen Arbeitsverträge aushandeln und diese machen sich nicht mehr strafbar, wenn sie den Prostituierten einen Arbeitsplatz zur Verfügung stellen. Auch der Zugang zur Krankenversicherung ist dadurch wesentlich erleichtert worden.
Allerdings handelt es sich bei diesem Gesetz in erster Linie um die Umsetzung dessen, was Gerichte bereits in wegweisenden Urteilen festgehalten haben. Zudem weist das Gesetz erhebliche Lücken auf, so ist zum Beispiel aufgrund der Weigerung des Bundesinnenministeriums faktisch kein Schutz für Prostituierte ohne gültige Papiere aufgenommen worden. Es bleibt nun abzuwarten, ob das Gesetz automatisch eine bessere sozialversicherungsrechtliche Absicherung der Prostituierten nach sich zieht, oder ob hier weitere Maßnahmen erforderlich sind.



4.    Chancengleichheit am Arbeitsmarkt als Herausforderung und Anspruch sozialdemokratischer Politik

Der Ansatz des Gender Mainstreaming ist natürlich im Prinzip richtig. Es handelt sich dabei aber nicht um ein völlig neues Konzept, das alle vorangegangenen Bemühungen und Forderungen überflüssig macht. Auch gibt dieser Ansatz die Sicherheit auf grundsätzlich positive Auswirkungen (z.B. Gleichstellung im Niedriglohnsektor). Für die AsF bleibt die Durchsetzung einer Gesellschaft mit sozialer Gerechtigkeit und Chancengleichheit oberstes Ziel. Deshalb ist es gerade unsere Aufgabe, alle Maßnahmen, die unter dem Leitsatz Gender Mainstreaming propagiert werden, auch kritisch zu bewerten und gegebenenfalls Gegenvorstellungen zu entwickeln.

Einige Forderungen bleiben nach wie vor notwendiger Bestandteil jeder frauen- bzw. gleichstellungspolitischen Initiative:

·                     Die Schaffung der Voraussetzungen für die Vereinbarkeit von Beruf und - wie auch immer ausgestalteter - Familie. Das heißt nicht, Einschränkungen im Berufsleben wie Teilzeitarbeit, Beurlaubungen oder ähnliches auf Dauer hinzunehmen.
Die Forderungen nach flächendeckender, qualitativ hochwertiger und zeitlich auf die Berufstätigkeit abgestimmter Kinderbetreuungseinrichtungen sowie nach gesellschaftlicher sowie betrieblicher statt privat-individueller Organisation von Pflege und Betreuung müssen weiterhin aufrechterhalten bleiben. In dem Zusammenhang halten wir die flächendeckende Einführung der Ganztagsschule für alle Schularten für dringend notwendig.

·                     Eine umfassende Förderung verbunden mit verbindlichen 50 %-igen Zielquoten in allen gesellschaftlichen Bereichen, nicht nur im öffentlichen Dienst, sondern gerade auch in der Privatwirtschaft durchzusetzen, und zwar für alle Hierarchieebenen.

·                     Die in diesem Papier ausgeführten Ursachen für ungleiche Entlohnung zu bekämpfen. Bis dies greift, ist darüber hinaus dafür Sorge zu tragen, daß die Nachteile, die Frauen aufgrund ihrer diskontinuierlichen Erwerbsbiographie insbesondere bei der Rente haben, ausgeglichen werden. Gleichzeitig ist es jedoch wichtig, daß sich solche Übergangshilfen nicht verfestigen, d.h., frau sich nicht damit einrichtet, dass sie im Erwerbsleben benachteiligt ist, weil diese Nachteile von staatlicher Seite teilweise ausgeglichen werden. Zusätzlich müssen Forderungen nach staatliche Hilfen daraufhin überprüft werden, ob deren Einführung nicht in die völlig verkehrte Richtung gehen und zu neuen Benachteiligungen führen würden (wie z.B. Familiengeld).

 

Gerade in diesen Bereichen ist die Bilanz der rot-grünen Bundesregierung trotz Gender Mainstreaming und Bundesgleichstellungsgesetz noch lückenhaft. Diese Lücken müssen in der nächsten Legislaturperiode geschlossen bzw. deren Schließung auf den Weg gebracht werden.


Zu einer modernen Gleichstellungspolitik gehört letztendlich die Verabschiedung von überholten Frauenbildern und Rollenzuweisungen. Insbesondere hier sieht die AsF Bayern ihrer Aufgabe, damit die Politik in Bayern die veränderte Lebenswirklichkeit von Frauen zur Kenntnis nimmt.

 

 


 

 

Beschluss der AsF-Landeskonferenz 2002:

(A2 - Antragstellerin: AsF-Landesvorstand)

 

Fortbestand der Mutter-Kind-Kuren und Mütterkuren sichern

 

Die AsF Bayern spricht sich dafür aus, Mutter-Kind-Kuren und Mütterkuren künftig in den Leistungskatalog der gesetzlichen Krankenversicherungen als Regelleistung aufzunehmen. Die SPD-geführte Bundesregierung und die SPD-Bundestagsfraktion werden gebeten, entsprechende Schritte einzuleiten.

 

Bis zur Umsetzung dieser Maßnahme appellieren wir an die Vertragspartnerinnen dieser Leistungen, den Eigenanteil für Mütter und Kinder so zu senken, dass auch Einkommensschwache künftig diese Vorsorgekuren noch in Anspruch nehmen können.

 

 

 

Begründung:

 

Die AOK Bayern hat am 08.04.02 mitgeteilt, dass sie sich an den Kosten der Müttergenesungskuren und der Mutter-Kind Kuren ab sofort nur noch mit einer Pauschale beteiligen wird. Die vorgegebenen Pauschalen sind:

In ausgesuchten Häusern: Mutter: 830,- €, Kurbedürftiges Kind: 950,- €, Begleitperson: 550,- €

In anderen Häusern: Mutter: 750,- €, Kurbedürftiges Kind: 860,- €, Begleitperson 490,- €

 

Es gibt keine Härtefallregelung mehr! Für kurbedürftige Mütter und Kinder bedeutet dies, dass sie mit ca. 2.000 - 2.500 € Eigenmitteln rechnen müssen, wenn sie eine, vom medizinischen Dienst der Krankenkasse für notwendig erachtete Rehabilitationsmaßnahme machen wollen/müssen.

 

Bei allen anderen kurbedürftigen zahlt in der Regel der Rentenversicherungsträger die vollen Kosten Mütter und Kinder werden damit von notwendigen medizinischen Leistungen ausgeschlossen weil sie die Eigenmittel nicht aufbringen können. Bei Vorliegen der Voraussetzungen kann die Sozialhilfe eingeschaltet werden.

 

 

Adressantinnen:

Bundesregierung

SPD-Bundestagsfraktion

AsF-Bundeskonferenz

 

 


 

 

Beschluss der AsF-Landeskonferenz 2002:

(A3 - Antragstellerin: AsF-Bezirkskonferenz Oberfranken)

 

Flächendeckende Einführung von Ganztagsschulen in Bayern

 

Wir fordern die Einführung von Ganztagsschulen in allen Schularten flächendeckend in ganz Bayern als Alternative zur klassischen Halbtagsschule. Auch um Müttern und Vätern eine bessere Vereinbarung von Beruf und Familie zu ermöglichen.

 

Die bayer. Staatsregierung wird aufgefordert, die entsprechenden Mittel bereitzustellen. In jedem Landkreis bzw. jeder größeren Stadt sind als Alternativangebot Ganztagsschulen in allen Schularten zur Verfügung zu stellen.

 

 

Begründung:

Diese Schulform orientiert sich an den Bedürfnissen der Kinder. Entsprechend der kindlichen Leistungsfähigkeit im Tagesrhythmus kann der Unterricht entzerrt werden. Neigungen und Fähigkeiten der einzelnen Schüler werden individuell gefördert. Miteinander Lernen (z.B. Hausaufgabenbetreuung), Projekte und spielen stärken die sozialen Fähigkeiten (Einzelkinder). Zugleich dient sie der Integration von Ausländerkindern.

Deutschland und gerade Bayern hat einen hohen Anteil an gut ausgebildeten Frauen. Die Wirtschaft kann es sich nicht mehr leisten, diese Potentiale "brach" liegen zu lassen. Abgesehen davon wollen Frauen heute Beruf und Familie miteinander in Einklang bringen. Dazu müssen sie verschiedene Wahlmöglichkeiten haben, um ihr Leben zu gestalten. Berufstätigkeit, Familie, oder auch beides. Um Frauen (und auch Männern) eine Berufstätigkeit überhaupt zu ermöglichen, bzw. den (Wieder-) Einstieg zu erleichtern, ist die Ganztagsschule auch ein sinnvolles Instrument der Kinderbetreuung.

 

 

 

Adressantin: SPD-Landtagsfraktion

 

 


 

 

Beschluss der AsF-Landeskonferenz 2002:

(A4 - Antragstellerin: AsF-Bezirkskonferenz Oberbayern)

 

Ganztagsschulen und Kinderbetreuung

 

Die BayernSPD wird aufgefordert, vor der Bundestagswahl einen bayernweiten Aktionstag zum Thema Ganztagsschulen und Kinderbetreuung durchzuführen.

 

 

Adressat: Präsidium der BayernSPD

 

 


 

 

Beschluss der AsF-Landeskonferenz 2002:

(A5 - Antragstellerin: AsF-Bezirkskonferenz Oberfranken - in geänderter Fassung)

 

Antrag zur Neustrukturierung der Kinderbetreuung

 

Die AsF-Landeskonferenz unterstützt die Forderungen der SPD-Landtagsfraktion nach einem ein Kindertagesstättengesetz, das alle Betreuungseinrichtungen umfasst. Kinderkrippen und Horte müssen ebenso gefördert werden, wie Kindergärten.

 

Um eine gute pädagogische Arbeit zu gewährleisten sind Mindeststandards bei Aus- und Fortbildung des Personals, Gruppenstärke, Räumlichkeiten und Ausstattung festzuschreiben. Das Finanzvolumen für die bedarfsgerechte Kinderbetreuung darf nicht gesenkt werden. Für alle qualitativ hochwertigen Kinderbetreuungseinrichtungen muss die Planungs- und Finanzierungssicherheit gewährleistet sein.

 

Immer mehr Frauen benötigen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Betreuungseinrichtungen für Kinder aller Altersstufen. Dazu braucht es eine gesetzliche Grundlage. Die pädagogische Arbeit mit Kindern und die Arbeitsbedingungen der Betreuer/innen dürfen sich nicht verschlechtern. Eine generelle Umstellung auf befristete Arbeitsplätze und flexible Arbeitszeitmodelle darf nicht stattfinden, da dies den persönlichen Bedürfnissen der Kinder in ihrer Entwicklung nicht entspricht. Die Gesamtausgaben für Kinderbetreuung im Staatshaushalt müssen erhöht werden.

 

 

Adressatin: SPD-Landtagsfraktion

 

 


 

 

Beschluss der AsF-Landeskonferenz 2002
(in der Neufassung AsF-Landesvorstand):

(A7 / R1 - Resolution - Antragstellerin: AsF-Bezirkskonferenz Mittelfranken)

 

Gewaltspirale in Nahost durchbrechen

 

Die AsF-Landeskonferenz fordert, eine international abgestimmte Friedensinitiative zu ergreifen, um im Rahmen der Vereinten Nationen gemeinsam mit den USA, Russland und der Europäischen Union auf ein Ende der Gewalt im Krisengebiet Israel-Palästina hinzuwirken.

 

Wir Sozialdemokratinnen fordern:

1.      Die Gewaltspirale muss durchbrochen werden. Deshalb muss anstelle der militärischen Aktionen wieder die Politik gesetzt werden. Vor diesem Hintergrund begrüßen wir das Ideenpapier von Bundesaußenminister Fischer, das einen möglichen Weg zur Deeskalation und zur Befriedung der Region skizziert.

2.      Der von Israels Premierminister Ariel Sharon einseitig erklärte "totale Krieg" (Zitat) in den palästinensischen Gebieten muss sofort beendet werden. Die israelische Armee muss sich aus den Autonomiegebieten zurückziehen, wie dies in den Resolutionen des VN-Sicherheitsrates 1397 und 1402 gefordert wird.

 

3.      Die Palästinensische Autonomiebehörde und ihr Vorsitzender Jassir Arafat müssen umgehend den Handlungsspielraum bekommen, der ihnen durch internationales Recht und bilaterale Vereinbarungen zusteht.

 

4.      Die Autonomiebehörde muss unter Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien glaubhaft alles in ihrer Macht stehende unternehmen, um terroristische Aktivitäten von palästinensischer Seite zu unterbinden.

 

5.      Mit Sorge betrachten wir wachsende Spannungen in den arabischen Ländern im Zusammenhang mit dem Nahostkrieg.

 

6.      Wir verurteilen insbesondere antisemitische Äußerungen und Übergriffe gegen jüdische Einrichtungen. Die jüdischen Gemeinschaften in Deutschland können sich auf unsere volle Solidarität verlassen.

 

7.      Ein Verbleiben der israelischen Arbeitspartei in der Regierung Sharon verhindert den Aufbau einer politischen Alternative für die Wähler und Wählerinnen in Israel. Deshalb fordern wir unsere SI-Schwesterpartei auf, die Regierung zu verlassen. Ein Verbleib wäre mit der Mitgliedschaft in der Sozialistischen Internationale nicht vereinbar.

 

8.      Gleichzeitig appellieren wir an die Fatah-Organisation, die als Teil der PLO Beobachterstatus bei der Sozialistischen Internationalen hat, dem Terror als Mittel der Politik abzuschwören. Dies ist Grundvorrausetzung für eine Mitgliedschaft in der SI.

 

9.      Die Resolution des Europäischen Parlaments vom 10. April mit der Empfehlung, das Assoziierungsabkommen zwischen der EU und Israel auszusetzen, bis die militärischen Aktionen gegen die palästinensischen Gebiete vollständig eingestellt werden, findet unsere volle Unterstützung und muss umgehend von Kommission und Rat aufgegriffen werden.

 

10.  Wir unterstützen nachdrücklich alle israelischen, palästinensischen und internationalen Friedensorganisationen auf jedweder Ebene. Wir zeigen besondere Sympathie für die israelisch-palästinensische Friedenskoalition "Time for peace", die trotz vieler Opfer die Hoffnung auf eine friedliche Lösung im Nahost-Konflikt aufrecht erhält.

 

Adressantinnen: Bundesregierung, SPD-Bundestagsfraktion, SPE-Fraktion im Europäischen Parlament, AsF-Bundeskonferenz