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Wien, 1.-3.10.2000:

Bayerische SPD-Landtagsfrauen informieren sich in Wien über die Praxis des Wegweisegesetzes:

Vorbildliches österreichisches Gesetz soll auch in Deutschland umgesetzt werden

MdL Lochner-Fischer fordert die Staatsregierung auf, sich schnellstens mit dem Bund über die Ausgestaltung der Länderkompetenzen zu einigen (z.B. Polizei)

Mit dem Wegweisegesetz ist Österreich 1997 auf Initiative der SPÖ einen mutigen Schritt gegangen. Die SPD-geführte Bundesregierung will diesen jetzt wiederholen. Sie arbeitet an einem entsprechenden Gesetzentwurf für Deutschland. Die bayerischen SPD-Frauen unterstützen tatkräftig dieses Vorhaben eines Anti-Gewalt-Gesetzes.

Deshalb informierten sich SPD-Frauen aus dem Bayerischen Landtag vor Ort über die praktische Anwendung des Gesetzes. Anders als in Österreich sind in Deutschland die Aufgaben der Polizei Ländersache.

Die grosse Stärke des österreichischen Gesetzes liegt vor allem in der Vernetzung unterschiedlicher Stellen. Bei der Bundespolizeidirektion erfuhren die Abgeordneten, wie die Wegweisung eines Gewalttäters aus der Wohnung erfolgt und welche besonderen Anforderungen sich hieraus für die Polizei ergeben. Besonders angetan waren die bayerischen Frauen von den regelmäßigen Schulungen, mit denen die Einsatzkräfte auf diesen Dienst vorbereitet werden. Bereits diese findet in Kooperation mit den Interventionsstellen statt. Diesen muss die Polizei laut Gesetz binnen drei Tagen mitteilen, dass sie einen Gewalttäter für 10 Tage der Wohnung verwiesen hat. Von Seiten der Polizei wurde besonders hervorgehoben, dass sie mit dem Gesetz endlich ein Instrument zum Handeln erhalten haben und nicht mehr ohnmächtig zusehen und unverrichteter Dinge abziehen müssen.

Bei der Interventionsstelle Wien erfuhr die bayerische Delegation, wie die weitere Begleitung und Betreuung von gewaltbedrohten Personen in der Praxis aussieht. Wichtig ist dabei, dass es sich bei diesen Einrichtungen nicht um Behördenteile, sondern um unabhängige Vereine handelt. Die Ziele des Gesetzes und die Art der Vernetzung erläuterte Dr. Albin Dearing, Gruppenleiter Recht und Legistik im österreichischen Bundesinnenministerium. Er ging dabei auch auf die Rolle des Präventionsbeirats ein, dessen Vorsitzender er ist. Im Gespräch mit der Geschäftsführerin Frau Rosa Logar sahen die bayerischen Frauen eine Diskrepanz zwischen den erheblich gestiegenen Anforderungen an die Stelle und die personelle Ausstattung. Es wäre zum Beispiel auch dringend notwendig, die betroffenen Kinder zu betreuen, was derzeit nur in Ausnahmefällen möglich ist. Für die SPD-Frauen war dies ein äusserst wichtiger Hinweis, beim deutschen Gesetz auf eine gesicherte Finanzierung zu achten.

Die Wegweisung wird auf Antrag der gewaltbedrohten Person um weitere 10 Tage verlängert. Innerhalb dieser Zeit muss eine Einstweilige Verfügung beim Familiengericht erwirkt werden. Familienrichterin Dr. Barbara Helige erläuterte den SPD-Frauen, dass dies in etwa einem Drittel der Wegweisungen geschieht. Über 90 Prozent der Anträge auf Einstweilige Verfügung sind aufgrund der polizeilichen Dokumentationen erfolgreich.

Über die Entstehungsgeschichte des Wegweisegesetzes und seiner Entwicklung bis heute sprachen die bayerischen Parlamentarierinnen zu Beginn ihrer dreitägigen Informationstour mit den ehemaligen Bundesministerinnen Mag. Barbara Prammer und Dr. Helga Konrad sowie der Vorsitzenden des Vereins Interventionsstelle Oberösterreich, Sonja Ablinger.

Die bayerischen Landtagsabgeordneten werden in den nächsten Wochen aufgrund dieses Informationsbesuchs die entsprechenden Vorlagen für den Bayerischen Landtag und die bundesdeutsche Gesetzesinitiative einbringen. Zur Delegation unter der Leitung der bayerischen Vorsitzenden der SPD-Frauen in Landtag und Partei, Monica Lochner-Fischer gehörten auch die beiden stellvertretenden Vorsitzenden der SPD-Landtagsfraktion Karin Radermacher und Johanna Werner-Muggendorfer.