www.lochner-fischer.de
Behandlung dieses Antrags im Bayerischen Landtag:
Im Rahmen der Aktuellen Stunden (Protokoll dazu) im Landtagsplenum am 10.12.2002 von CSU-Mehrheit abgelehnt

Der gesamte Beratungsverlauf sowie der -stand dieser Vorlage im Bayerischen Landtag sind
- wie alle anderen Anträge und Anfragen der Abgeordneten der SPD-Landtagsfraktion -
über http://www.bayern.landtag.de/ zu erhalten


Bayerischer Landtag Drucksache 14/11211
 10.12.2002

Dringlichkeitsantrag

der Abgeordneten Maget, Lochner-Fischer, Biedefeld, Dr. Baumann, Berg, Förstner, Goertz, Hecht, Hirschmann, Dr. Kronawitter, Lück, Naaß, Narnhammer, Peters, Pranghofer, Radermacher, Schieder Marianne, SchmidtSibeth, Schmitt-Bussinger, Simon, Steiger, von Truchseß, Voget, Werner-Muggendorfer und, Fraktion SPD


Nachhaltige Politik für Frauen in ganz Bayern:
Staatlichen Rahmen zur Vereinbarkeit von Beruf und Familie richtig setzen


Der Landtag wolle beschließen:

Der Landtag stellt fest,

- dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 28. Mai 1993 (Fristenregelung) eindeutig festlegte, dass der Staat für die Vereinbarkeit von Familie und Beruf zu sorgen hat und Frauen nicht gezwungen sein dürfen, sich für das eine oder andere zu entscheiden,

und dass trotz dieses eindeutigen Auftrags

- 69 Prozent der teilzeitarbeitenden Frauen wegen familiärer Verpflichtungen keine Vollzeittätigkeit ausüben können, obwohl sie dies wünschen;

- rund 36 Prozent der erwerbstätigen Mütter mit Kindern im Kindergartenalter, die ihre Kinder halbtags institutionell betreuen lassen, sich eine Ausdehnung der Arbeitszeit wünschen;

- ca. 70 Prozent der nicht erwerbstätigen Mütter mit Kindern bis zu 12 Jahren eine Erwerbsarbeit aufnehmen wollen;

- den Erwerbswünschen dieser Frauen ein unzureichendes Angebot an Plätzen in der Kinderbetreuung entgegensteht;

- und trotz der inzwischen bestehenden gesetzlichen Möglichkeiten zur variablen Nutzung der Elternzeit nicht einmal 2 Prozent der betroffenen Väter davon Gebrauch machen und eine wichtige Ursache dafür die erhebliche Einkommensdifferenz zwischen Männern und Frauen ist.

Die Staatsregierung ist aufgefordert, in allen Bereichen der Politik und des gesellschaftlichen Lebens in Bayern auf die tatsächliche Chancengleichheit von Frauen hinzuwirken. Die Tatsache, dass Frauen Kinder bekommen können und Kinder haben, darf nicht länger zu deren Diskriminierung und Benachteiligung führen.

1. Die Staatsregierung wird aufgefordert, auf gleiche Entlohnung bei gleichwertiger Arbeit für Frauen und Männer hinzuwirken durch

- Entwicklung konkreter Zielvorgaben für die Beseitigung des Lohngefälles in Bayern gemäß den beschäftigungspolitischen Leitlinien der EU-Kommission;

- geschlechtergerechte Bewertung von Arbeit im bayerischen öffentlichen Dienst, um typische Frauenberufe bei gleichen oder gleichwertigen Anforderungen höher einzustufen;

- Änderung der Zulagensystematik im öffentlichen Dienstrecht, damit bei frauendominierten Arbeiten ebenfalls vergleichbare Zulagen gewährt werden;

- Änderung der Beurteilungs- und Beförderungspraxis des öffentlichen Dienstes, damit der Frauenanteil in den höheren Lohn- und Gehaltsgruppen größer wird;

- Abbau der rechtlichen Benachteiligungen aufgrund Kindererziehung und Teilzeitbeschäftigung im öffentlichen Dienst;

- Einwirken auf die Tarifparteien, um die mittelbare Diskriminierung von Frauen in den Tarifverträgen zu beseitigen;

- Verhinderung von ungewollten langjährigen familiären Unterbrechungszeiten der Erwerbsarbeit durch ein ausreichendes Angebot von ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen;

- verstärkte Berücksichtigung von schwerbehinderten Frauen bei der Erfüllung der Beschäftigungspflicht von 5 Prozent.

2. Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei der Überwindung der geschlechtsspezifischen Teilung des Arbeitsmarktes mitzuwirken durch

- aktive Unterstützung der Umsetzung der Vereinbarung zwischen der Bundesregierung und den Spitzenverbänden der deutschen Wirtschaft zur Förderung der Chancengleichheit von Frauen und Männern in der Privatwirtschaft und flankierender Maßnahmen hierzu;

- gezielte Förderung der Fort- und Weiterbildungsangebote zur Steigerung des Frauenanteils in den zukunftsorientierten IT-Berufen;

- Durchführung von laufenden Informationsveranstaltungen über Ausbildungsmöglichkeiten sowie Beschäftigungs- und Entwicklungschancen in technischen, naturwissenschaftlichen und IT-Berufen an allen bayerischen Schulen, um Mädchen und junge Frauen zu motivieren, in ihrem Berufswahlverhalten auch die Verdienst- und Aufstiegschancen zu berücksichtigen;

- Durchführung von Informationsveranstaltungen für Lehrkräfte der allgemeinbildenden Schulen;

- gezielte Angebote von Praktikumsplätzen für Mädchen in staatlichen Verwaltungen im technischen und IT-Bereich;

- verstärkte Besetzung der Ausbildungsplätze der technischen und IT-Berufe im öffentlichen Dienst des Freistaates Bayern mit Mädchen;

- aktive Beteiligung der Staatsregierung an dem jährlich durchgeführten "Girls´-Day" am 25. April;

- verstärkte Förderung von Frauen im Bereich des wissenschaftlichen Nachwuchses im technischen und naturwissenschaftlichen Bereich;

- stärkere Nutzung des bayerischen Arbeitsmarktfonds als Instrument der Förderung von Frauen;

- gezielte wohnortnahe Rehabilitationsangebote für Frauen zur Wiedereingliederung auf dem Arbeitsmarkt.

3. Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Steigerung des Frauenanteils in Führungspositionen voranzutreiben durch

- gezielte Stellenbesetzung in bayerischen Gremien mit Frauen;

- gezielte und aktive Beteiligung von Frauen an Fach- und Führungsseminaren in der staatlichen Verwaltung;

- Motivierung von Frauen zur Übernahme von Führungsverantwortung durch persönliche Ansprache der Personalverantwortlichen;

- spezielle Mentoringangebote für Mitarbeiterinnen;

- Abbau von Vorurteilen gegenüber weiblichen Führungskräften durch gezielte Aufklärungsarbeit.

4. Die Staatsregierung wird aufgefordert, die Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern im Bayerischen Gleichstellungsgesetz umzusetzen durch

- ein präzise definiertes Unterrichtungs-, Einspruchs- und Klagerecht der Gleichstellungsbeauftragten;

- eine verbindliche Vorschrift, wonach besonders in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind, zu Vorstellungsgesprächen oder Auswahlverfahren mindestens ebenso viele Frauen wie Männer eingeladen werden;

- Schaffung einer Regelung zur bevorzugten Berücksichtigung von Frauen bei der Einstellung, Anstellung und Beförderung bei gleicher Qualifikation in Bereichen, in denen Frauen unterrepräsentiert sind;

- klar definierte Benachteiligungsverbote bei der vergleichenden Bewertung von Qualifikationen.

5. Die Staatsregierung wird aufgefordert, bei der Gestaltung und Begleitung der Familienphase durch Männer und Frauen diese zu unterstützen durch

- gezielte Motivation von Vätern, sich an Familienaufgaben stärker zu beteiligen und Unterstützung von flexiblen Rollenwechsel der Eltern;

- tatsächliche Umsetzung der Anerkennung der durch Familienarbeit erworbenen Kompetenzen und besonders Berücksichtigung dieser Kompetenzen bei der Bewertung von Qualifikationen im öffentlichen Dienst;

- flexiblere Arbeitszeitmodelle im öffentlichen Dienst, wie beispielsweise Arbeitszeitkonten zur Schaffung von mehr Zeitsouveränität für Eltern;

- verstärktes Angebot von Teilzeitarbeit auch in Führungspositionen;

- regelmäßige Informations- und Weiterbildungsangebote im öffentlichen Dienst während familiärer Unterbrechungszeiten zur Anpassung und Aktualisierung der beruflichen Qualifikation;

- Schaffung von gesicherten Rückkehrchancen nach einer familiären Unterbrechung der Erwerbsarbeit;

- flächendeckendes, nachfragegerechtes Angebot von ganztägigen Kinderbetreuungseinrichtungen, um die beruflichen Qualifikationen der Eltern zu erhalten;

- Beseitigung von Benachteiligungen Teilzeitbeschäftigter beispielsweise beim verpflichtenden Ehrenamt.

 


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