Dokumente aus dem Bayerischer Landtag
Zu diesem Dokument gehören:
PE 13.01.1998 sowie Anfrage/Antwort Drs 13/5627 vom 21.8.96

Anfragen, Gesetzentwürfe und Anträge sowie deren Beratungsstand im Bayerischen Landtag und die Plenarprotokolle dazu sind über http://www.bayern.landtag.de/ zu erhalten

Bayerischer Landtag Drucksache 13/9728
  01.07/08.12.1997

Schriftliche Anfrage
der Abgeordneten Lochner-Fischer SPD
vom 1. Juli 1997

Asylbewerberunterkunft in München, Pariser Str. 24

In meiner Anfrage "Flüchtlings-/Asylbewerberunterkunft in der Pariser Straße/Ecke Lothringer Straße in München" vom 3. Juli 1996 (Antwort vom 21.8.1996; Landtagsdrucksache Nr. 13/5627) wurde von mir bereits detailliert ausgeführt, weshalb Asylbewerberunterkünfte gerade auch in urbanen städtischen Vierteln sinnvoll sind. Leider wurde die in diesem Zusammenhang erhobene Forderung nach einer Betreuung der Unterkunft abgelehnt und auf die Verbände verwiesen. Die entsprechende Diskussion im Haushaltsausschuß zum Einzelplan 1 0 des laufenden Doppelhaushalts hat jedoch leider gezeigt, daß auch die Verbände, aufgrund der immer stärker werdenden sozialen Überwälzungen, finanziell und personell überlastet sind und dringend staatlicher Hilfe bedürften, um die von den Verbänden durchaus gewünschte Betreuung von Asylbewerberunterkünften leisten zu können. Das dafür notwendige und sinnvoll angelegte Geld wurde im Doppelhaushalt von der Mehrheit des Landtags nicht genehmigt. Gleichzeitig wird jedoch seit Dezember 1995 ein Haus in der Pariser Straße 16 für Asyl bewerberunterkünfte vorgehalten. Von dieser Vorhaltung profitiert einzig der Hausbesitzer. In der oben erwähnten Anfrage weist das Sozialministenum in der Antwort auf die ,,zwingenden haushaltsrechtlichen Grundsätze der Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit" hin.

Ich frage daher die Staatsregierung:

1. Wie läßt sich mit diesen Grundsätzen die Vorhaltung des Hauses Pariser Straße 1 6 seit Dezember 1995 vereinbaren und wie viele Kosten inklusive der Miete sind bisher entstanden?
2. Auf welche Dauer wurde der Mietvertrag für das Haus abgeschlossen?
3. Wie hoch sind die Kosten für die Sanierung des Hauses, werden diese vollständig vom Staat getragen oder ist der Hausbesitzer daran finanziell beteiligt?
4. Ist die Einhaltung der baurechtlichen Vorschriften wie Brandschutz, Fluchtwege usw. gewährleistet?
5. Welche Maßnahmen wurden von seiten der Regierung von Oberbayern eingeleitet bzw. unternommen, um im umliegenden Stadtviertel vertrauensbildend zu wirken und für ein möglichst konfliktfreies Miteinander von Asylbewerbern und Anwohnenden zu werben?

Mit freundlichen Grüßen

Monica Lochner-Fischer, MdL

Antwort
der Staatsregierung
vom 08. Dezember 1997

Die Schriftliche Anfrage der Frau Abgeordneten Monica Lochner-Fischer beantworte ich wie folgt:

Die Anmietung des Anwesens Pariser Straße 24 in München zum 01.12. 1995 für Zwecke der Unterbringung von Asylbewerbern ist vor dem Hintergrund der damaligen besonderen Situation zu würdigen. Nach der Verwendung lindanhaltiger Schädlingsbekämpfungsmittel in staatlichen Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber in München stand zu erwarten, daß einige der betroffenen Unterkünfte zumindest während der Sanierungsmaßnahmen geräumt werden müßten. In dieser Situation schien es im gesundheitlichen Interesse der Asylbewerber zwingend erforderlich, umgehend Ausweichunterkünfte auch nach nur überschlägiger Prüfung der Bausubstanz in Betracht zu ziehen.

Unter dem Druck der zu erwartenden völligen oder zumindest teilweisen Räumung von Unterkünften, in denen es zum Einsatz lindanhaltiger Schädlingsbekämpfungsmittel gekommen war, hat die Regierung von Oberbayern mit Mietvertrag vom 13.11.1995 das Gebäude Pariser Straße 24 in München zum 01.12.1995 angemietet. Da bis zum Abschluß des Mietvertrags dort tatsächlich 60 Personen wohnhaft waren, ging die Regierung von Oberbayern davon aus, daß die Unterkunft sofort belegt werden könnte.

Der Umfang und die Art der Baumaßnahmen, die außer belegungsbedingten Umbauten noch erforderlich sein würden, waren damals nicht erkennbar. Üblicherweise wird bei Anmietungen der bauliche Zustand eines Objekts vor Abschluß des Mietvertrags umfassend untersucht. Eine solche Untersuchung ist hier ausnahmsweise aus den dargestellten Gründen nicht erfolgt.

Nachdem jedoch feststand, daß eine Räumung der zu sanierenden Unterkünfte tatsächlich nicht erforderlich sein würde und die Liegenschaft Pariser Straße 24 nicht als Notunterkunft benötigt wird, leitete die Regierung von Oberbayern nach der Baubestandsaufnahme den Umbau zu einer Gemeinschaftsunterkunft ein, da hierfür dringender Bedarf bestand. Die zahlreichen baulichen Mängel, die zur Verzögerung der Nutzungsmöglichkeit führten, stellten sich erst während der Umbauarbeiten heraus.

Die Bauarbeiten werden am 08.12.1997 abgeschlossen. Die Regierung von Oberbayern beabsichtigt die Belegung ab 10.12.1997. Allerdings sollen dort keine Asylbewerber, sondern jüdische Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion untergebracht werden, da für diesen Personenkreis derzeit ein erheblicher Aufnahmerückstand besteht.

Der Regierung von Oberbayern gegenüber erklärte sich die Präsidentin der Israelitischen Kultusgemeinde München und Oberbayern, Frau Knobloch, inzwischen mit dieser Belegungskonzeption einverstanden. Die Israelitische Kultusgemeinde wird bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch die Betreuung übernehmen.

Frage 1

Von einer ,,Vorhaltung" des Hauses kann nicht die Rede sein. Das Gebäude Pariser Straße 24 wurde in einer besonderen Notsituation im Interesse der Asylbewerber angemietet. Als sich ergeben hatte, daß die Schließung von Gemeinschaftsunterkünften für Asylbewerber in München wegen etwaiger Nachwirkungen von Schädlingsbekämpfungsmaßnahmen nicht erforderlich sein würde, hat die Regierung von Oberbayern umgehend versucht, den Mietvertrag wieder zu beenden. Der Vermieter machte die Auflösung des Mietvertrags jedoch von der Zahlung einer Schadensersatzsumme in Höhe von 1,2 Millionen DM abhängig. Zuätzlich forderte er, daß die Miete solange weiterbezahlt wird, bis das Gebäude weitervermietet werden kann.

An belegungsbedingten Kosten sind bisher rd. 100.000 DM entstanden. Mietzins wurde für die Zeit vom 18.01.1996 bis 30.09.1997 in Höhe von insgesamt 576.000 DM gezahlt. Ab Oktober 1997 hat die Regierung von Oberbayern die Mietzahlung eingestellt und die Wiederaufnahme der Zahlung von der Vorlage eines Gutachtens über die Gebäudestatik abhängig gemacht, nachdem kurze Zeit vorher Zweifel an der Statik des Hauses aufgetreten waren. Gegen die Einbehaltung der Miete hat der Vermieter bereits den Rechtsweg beschritten. Im Rahmen dieses Rechtsstreits werden selbstverständlich weitergehende Rechte des Mieters auf Minderung und Ersatz wegen Nichterfüllung des Vertrages geltend gemacht.

Das geforderte Gutachten hat der Vermieter bisher noch nicht beigebracht; nach übereinstimmenden Aussagen des mit der Untersuchung beauftragten Ingenieurbüros, der Bauabteilung der Regierung von Oberbayern, des Hochbauamtes München 1 und eines weiteren Ingenieurbüros bestehen allerdings von der Standsicherheit des Gebäudes her keine Bedenken gegen die vorgesehene Belegung und Nutzung.

Frage 2

Der Mietvertrag wurde auf die Dauer von fünf Jahren abgeschlossen.

Die Regierung von Oberbayern hat jedoch im Hinblick auf die Unterbringung jüdischer Emigranten Verhandlungen mit dem Vermieter eingeleitet mit dem Ziel einer Vertragsverlängerung unter deutlich günstigeren Bedingungen.

Frage 3

Die Kosten für die belegungsbedingten Maßnahmen belaufen sich nach Auskunft der Regierung von Oberbayern auf rund 800.000 DM. Hierunter zählt vor allem der Einbau neuer Küchen und Bäder. Von seiten des Vermieters wurden in der gesamten Unterkunft neue Böden verlegt und Malerarbeiten durchgeführt. Der Vermieter hat außerdem die Wohnungseingangstüren aufgedoppelt, das Treppengeländer instandgesetzt und brandschutztechnische Auflagen erfüllt (z.B. Entfernung von Styropordecken und Holzeinbauten, Nachrüstung der Rauchabzugsluke und Einbau rauchdichter Türen). Die hierfür vom Vermieter getragenen Kosten belaufen sich nach Schätzung des Hochbauamtes München 1 sowie des von ihm beauftragten Ingenieurbüros auf eine Summe zwischen 100.000 DM und 150.000 DM. Im Mietvertrag ist im übrigen eine Schlußrenovierung zu Lasten des Mieters bei Aufgabe der Unterkunft nicht vorgesehen. Entsprechnde Kosten würden also vom Vermieter getragen. Erfahrungsgemäß dürften die hierdurch einzusparenden Kosten bei einem Objekt vergleichbarer Größe weit über 100.000 DM betragen.

Frage 4

Die Regierung von Oberbayern hat die Branddirektion der Landeshauptstadt München bereits mehrfach eingeschaltet. Deren Anforderungen werden ebenso erfüllt wie die Anforderungen des Technischen Überwachungsvereins Fachbereich Elektrotechnik - und des Bayerischen Landesamtes für Denkmalpf lege. Die Einhaltung der entsprechenden Vorschriften ist gewährleistet.

Frage 5

Die Regierung von Oberbayern hat am 26.03.1997 eine Begehung der Unterkunft mit Mitgliedern des zuständigen Bezirksausschusses, des Arbeitskreises Ausländerfragen und dem Kontaktbereichsbeamten der Polizei durchgeführt und im Anschluß daran ein eingehendes Gespräch mit den Beteiligten geführt. Dabei wurde zugesagt, dem zuständigen Bezirksausschuß den konkreten Belegungstermin mitzuteilen. Im übrigen geht die Regierung von Oberbayern davon aus, daß mit der Belegung durch jüdische Emigranten weniger Konflikte auftreten werden als mit der Belegung durch Asylbewerber. Die Betreuung durch die Israelitische Kultusgemeinde ist sicher geeignet, ein möglichst gutes nachbarschaftliches Miteinander herzustellen.

Die Regierung von Oberbayern hat zugesagt, daß sie jederzeit bereit ist, etwaige noch auftretende Zweifelsfragen mit dem zuständigen Bezirksausschuß zu erörtern.

Mit freundlichen Grüßen

Barbara Stamm

 


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