PM 13.01.1998
600 Tsd. Mark für leeres Haus,
kein Geld für Menschen
MdL Lochner-Fischer deckt Skandal um Asylunterkunft Pariser Straße auf
Zwei Jahre stand das Haus Pariser Straße 24 in Haidhausen leer. Der Staat zahlte die Miete und ließ es renovieren. Licht ins Dunkel um die Asylunterkunft, die nie einen Asylbewerber gesehen hat, versuchte Landtagsabgeordnete Monica Lochner-Fischer durch mehrere parlamentarische Anfragen zu bringen. Die jüngste beantwortete das Sozialministerium jetzt nach sechs Monaten und mehreren Mahnungen. "Eineinhalb Millionen Mark für ein leerstehendes Haus zu zahlen, ist ein Skandal sondergleichen. Das als Kosten für Asylbewerber zu betiteln, ist eine Unverschämtheit," kommentiert die Abgeordnete das Ergebnis und kündigt weitere parlamentarische Schritte an.
Das grüne Eckhaus in der Pariser Straße 24 war am 13.11.95 vom Freistaat als Asylunterkunft angemietet worden. Danach stand das Haus bis Ende 1997 leer, obwohl in München angeblich "ein erheblicher Bedarf an Plätzen" - so das Ministerium damals - bestand. Bis zu 160 Menschen könnten darin wohnen. Inzwischen sind vier Parteien eingezogen. Dies sind die ersten jüdischen Emigrantinnen und Emigranten aus der ehemaligen Sowjetunion, die dort künftig untergebracht werden sollen, "da für diesen Personenkreis derzeit ein erheblicher Aufnahmerückstand besteht," so das Ministerium. Damit ist amtlich, was bisher von Initiativgruppen und Bezirksausschuß nur vermutet wurde. Amtlich ist auch, daß die Israelitische Kultusgemeinde "bei Vorliegen der entsprechenden Voraussetzungen auch die Betreuung übernehmen" wird. Welche dies sind und ob sie vorliegen, darüber schweigt das Ministerium.
Klar dagegen ist, daß für eine staatliche Betreuung der Menschen kein Geld da ist. Das teilte das Ministerium bereits im August 96 auf Anfrage von Monica Lochner-Fischer mit. "Statt dessen bezahlte das Ministerium für das leerstehende Haus lieber 576 Tsd. Mark Miete," so die Abgeordnete. Hinzu kommen DM 100 Tsd. sonstige Kosten und DM 800 Tsd. für die Renovierung. Der Hausbesitzer hat zudem noch Renovierungsarbeiten in Höhe von ca. 150 Tsd. Mark vornehmen lassen. "Da werden eineinhalb Millionen für ein leeres Haus ausgegeben und die Kosten gehen zu Lasten eines Haushaltstitels, der dann nicht mehr ausreicht, die Betreuung von Menschen zu bezahlen."
Mit der Begründung für die Anmietung sowie den langen Leerstand des Hauses tut sich das Ministerium ausgesprochen schwer. Von der noch Mitte 96 behaupteten "angespannten Unterbringungssituation" von Asylbewerbern in München und dem "vorrangigem Ziel, sämtliche dezentralen Unterbringungseinrichtungen möglichst rasch aufzulösen" ist nicht mehr die Rede. Statt dessen wird jetzt die mögliche Schließung anderer Unterkünfte als Grund herangezogen. Nachdem eine solche nicht erfolgt war, habe man versucht, den Mietvertrag zu lösen. Dies wäre jedoch nur gegen einen Schadenersatz von 1,2 Mio. Mark möglich gewesen.
Zu den ministeriellen Ungereimtheiten zählt auch noch der ausdrückliche Hinweise auf die Unbedenklichkeit der Standsicherheit des Gebäudes. Trotzdem hat die Regierung von Oberbayern, als zuständige Behörde, seit Oktober 97 die Mietzahlungen eingestellt. Kurze Zeit vorher waren Zweifel an der Statik des Hauses aufgetreten. Die Wiederaufnahme der Zahlung wird von der Vorlage eines Gutachtens über die Gebäudestatik abhängig gemacht. Statt das Gutachten vorzulegen, hat der Vermieter gegen die Einbehaltung der Miete den Rechtsweg bestritten. Die Landtagsabgeordnete hofft, daß die jüdischen Emigrantinnen und Emigranten in ihrer neuen Heimat trotzdem zur Ruhe kommen und von den juristischen und notwendigen weiteren parlamentarischen Auseinandersetzungen unbehelligt bleiben.